Umkämpftes Sardinien

Man entdeckt keine Erdteile
ohne den Mut, alle Küsten aus dem Auge zu verlieren.
André Gide (1869 – 1951)

Mein Sardinien, Dein Sardinien:
Der jahrhundertelange Kampf um eine begehrte Insel.

Wer am Hafen von Olbia anlegt, um eine Entdeckungsreise über Sardinien zu machen, ahnt nicht, dass er gerade in einer ganz eigenen Welt angekommen ist. Nicht umsonst trägt die zweitgrößte Mittelmeerinsel den Spitznamen „Kleiner Kontinent“ – so vielfältig ist die Natur, und so individuell sind Sprache und Kultur der Inselbewohner.

Obwohl politisch zu Italien gehörend, liegt Sardinien nur 12 km vom französischen Korsika und 184 km von Tunesien entfernt. Um zum italienischen Festland zu kommen, muss man eine Strecke von 202 km bewältigen.

Die strategisch günstige Lage sowie die Angreifbarkeit der Insel mit ihren insgesamt über 1800 km Küste weckten im Laufe der langen Geschichte Sardiniens immer wieder Begehrlichkeiten bei den benachbarten Völkern. Die besonders an der Küstenlinie noch erhaltenen Verteidigungstürme aus dem 15. bis 18. Jahrhundert könnten so manche Piratengeschichte erzählen, wären sie nicht aus Stein – und somit zur Stummheit verdammt.

Bis zum Jahre 1000 v. Chr. konnten sich die ersten Bewohner Sardiniens, die sogenannten Nuragher, unbehelligt ihrer einträglichen Handelstätigkeit widmen. Dann drängten, angelockt von den reichhaltigen Erzvorkommen, die Phönizier und später die Karthager auf die Insel. Römer, Vandalen, Byzantiner, Sarazenen, Aragonesen, Adelsgeschlechter aus Pisa, Genua und dem Piemont – im Laufe der Geschichte sahen die malerischen Strände, die rauen Steilküsten, die schroffen Berg- und Felsformationen und die weiten Ebenen der Insel mehr Eroberer kommen und gehen, als man hier im Detail aufführen kann.

Erst 1948 erhielt Sardinien den ersehnten Status einer autonomen Region und die Sarden konnten beginnen, mit ihrem vielfältigen Erbe nun selbstbestimmt umzugehen.

Durch die langen Zeiten der Belagerung und die Abgeschnittenheit vom Festland hat Sardinien eine eigene, unverwechselbare Kultur hervorgebracht, die z.B. in der sardischen Sprache, der sardischen Küche und den vielen typisch sardischen Festen erlebbar ist.

Trotz der bewegten Vergangenheit haben sich die Sarden eine ausgesprochene Gastfreundlichkeit bewahrt – auf die man am besten mit einem Glas Mirto, dem typisch sardischen Myrtenschnaps anstößt.